Projekt des Lebens - Goethe als Projektmanager

In unseren beruflichen und privaten Projekten gestalten wir die Zukunft und unsere eigene Lebensgeschichte.  Erfahrene Manager wissen: die Anwendung von Managementmethoden garantiert nicht den Erfolg. Was also sind die Quellen und Maßstäbe für wirksames Management? Ist Management eine Wissenschaft, eine Kunst oder eine Praxis? Ist diese strikte Unterscheidung überhaupt sinnvoll? Welche Bedeutung haben die Herausforderungen des Managements für die Entwicklung unserer Persönlichkeit?

 

Ein Weg um sich diesen Fragen zu nähern,  ist die Auseinandersetzung mit Persönlichkeiten, die Zukunftsprojekte ihrer Zeit besonders wirksam gestaltet und ihre Gedanken dazu auch mitgeteilt haben. Menschen der Praxis also, die zugleich fähig zur Reflexion waren.  Johann Wolfgang von Goethe war ein solcher Mensch:  „Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun“ (Wilhelm Meisters Wanderjahre). Aber:  „Handeln ist leicht, Denken schwer, nach dem Gedanken handeln unbequem“.

Goethe war als Politiker und Verwaltungsmanager des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach über viele Jahre hinweg verantwortlich für die Bereiche Städtebau, Finanzen, Heeres­reform, Bergbau und Kultur. Diese Managementaufgaben wurden ihm von seinem Fürst übertragen, nicht als Fach­mann für das jeweilige Ressort, sondern als Manager. Dazu kamen seine eigenen umfangreichen künstlerischen und wissenschaftlichen Vorhaben. Das wichtigste war Goethe jedoch das große Projekt seines eigenen Lebens. Als Wissenschaftler und Philosoph hat Goethe sich mit dem von Newton geprägten naturwissen­schaftlich-technischen Wissenschaftsverständnis kritisch auseinander gesetzt. Dieses enge Verständnis von Wissenschaft in seiner Anwendung auf Organisations- und Managementfragen liefert einen Erklärungsansatz für die Begrenztheit heutiger Managementtheorie. Inwiefern kann der Goethe’sche ganzheitliche Wissenschaftsbegriff für ein umfassenderes Verständnis der Managements genutzt werden?

 

Die ethische Dimension der „Projektemacherei“ - als Instrumente der Zukunftsgestaltung durch technische Revolution einerseits und fragwürdige Experimente auf Kosten der Humanität anderseits - nimmt in Goethes Werken eine zentrale Stellung ein. Ein Grundgedanke Goethes war, dass bedeutende Erkenntnisse und Erfolge nur zu erreichen sind, wenn  die menschlichen Potenziale in ihrer Vielfalt genutzt werden.