Zur anstehenden Novellierung des Vergaberechts

Reformbedarf bei der Vergabe öffentlicher Großprojekte

Das Vergaberecht regelt, wie öffentliche Auftraggeber beim Einkauf von Waren, Bau- und Dienstleistungen oder der Vergabe von Konzessionen vorgehen müssen. Die Vorschriften zum Vergabeverfahren stellen Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung sicher. Dadurch soll beim Einkauf der öffentlichen Hand das beste Preis-Leistungs-Verhältnis am Markt erzielt werden. Struktur und Inhalt des deutschen Vergaberechts sind derzeit sehr komplex.

Die Bundesregierung hat im Juli 2015 den Gesetzentwurf zur Modernisierung des Vergaberechts vorgelegt. Anlass ist die Umsetzung der drei neuen EU-Vergaberichtlinien, die bis April 2016 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Mit der Umsetzung der Richtlinien soll das bisherige System modernisiert und ein einfacheres und anwenderfreundlicheres Vergaberecht geschaffen werden.

Öffentliche Auftraggeber und Unternehmen sollen zukünftig auch mehr Flexibilität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge haben. Dazu werden unterschiedliche Regelwerke, insbesondere für die Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen, zusammengeführt und vereinheitlicht.  Die Vergabeverfahren selbst sollen schneller und effizienter werden. So sollen Mindestfristen gekürzt werden und Verhandlungen mit Bietern im Vergabeverfahren leichter möglich sein als bisher. Soziale Dienstleistungen, wie zum Beispiel zur Integration arbeitssuchender Menschen, sollen in einem erleichterten Verfahren vergeben werden können. Für effizientere Vergabeverfahren soll zudem die stärkere Nutzung elektronischer Mittel sorgen. Die nachhaltige Beschaffung soll durch Erweiterung der Möglichkeiten für Auftraggeber, soziale, ökologische und innovative Aspekte bei der öffentlichen Beschaffung einzubeziehen, gestärkt und weiterentwickelt werden. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge geltende sozial- und arbeitsrechtliche Verpflichtungen einhalten.

Voraussetzungen für den Erfolg von öffentlichen Großprojekten 

Weder das Vergaberecht noch die geplante Novellierung orientieren sich genügend an dem Ziel, Voraussetzungen für den Erfolg von öffentlichen Großprojekten zu schaffen. Dieser Erfolg ist jedoch wichtig für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.

Entscheidende Ursache für die Probleme großer öffentlicher Projekte ist die fehlende Bündelung der Interessen und Kräfte der Projektbeteiligten, insbesondere der Auftraggeber und Auftragnehmer, auf gemeinsame Projektziele. Dies ist vor allem eine Frage der Governance von öffentlichen Projekten – d.h. der Etablierung von klaren Prinzipien, Verantwortungsstrukturen, Projektbeauftragungsverfahren und einer förderlichen Projektkultur. Großprojekte  erfordern Flexibilität,  Übernahme von Verantwortung, Kooperation und aktives Risikomanagement. Auftraggeber müssen Verantwortung übernehmen und entsprechend ihrer Verantwortung aktiv Einfluss nehmen. Angemessene organisationalen Kompetenz und Entscheidungsspielräume der öffentlichen Auftraggeber sind dafür Voraussetzung. Die notwendige Kooperation der Beteiligten wird oft wegen zu geringer Margen, unsachgemäßer Verteilung der Risiken und fehlender Transparenz erschwert.

Bei der Vergabe von Großprojekten geht es darum, die wirtschaftlichsten und geeignetsten Anbieter zu beauftragen, die notwendige frühzeitige Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern zu ermöglichen und die oft zu große Komplexität zu reduzieren. Durch eine an die spezifischen Ziele und Risiken von öffentlichen Großprojekten angepasste Vergabe und Vertragsgestaltung können die Rahmenbedingungen für ein professionelles Projektmanagement und für den Projekterfolg maßgeblich verbessert werden.

Bei der anstehenden Novellierung des Vergaberechts sollte daher die Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen für den Erfolg von öffentlichen Projekten als Vergabeziel berücksichtigt werden. Das heißt insbesondere:

  • Vorrang der Eignung des Anbieters vor dem Preis
  • Ermöglichung einer frühzeitigen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Projektpartnern
  • Gewerke, die in hoher Abhängigkeit zueinander stehen, können im Regelfall unter einem Dach gebündelt werden
  • Stärkung des Ermessens- und Entscheidungsspielraum des öffentlichen Auftraggebers
  • Einschränkung der Möglichkeiten von Wettbewerbern, den Zuschlag  im Nachprüfungsverfahren zu verzögern.

Zurzeit findet die parlamentarische Beratung des vorgelegten Gesetzentwurfs statt. Parallel werden die Verordnungsentwürfe zur Vergaberechtsreform erarbeitet. In beide Prozesse sollte die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. ihre Position – gemeinsam mit anderen Verbänden – einbringen.

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